Essay aus dem Jahr 2004 im Fachbereich BWL - Unternehmensethik, Wirtschaftsethik, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Sprache: Deutsch, Abstract: Einer antiken Sage zufolge zerstörte einst der junge Königssohn Erysichthon den heiligen Hain der Demeter. Gegen alle Warnungen fällte er die Bäume, um sich aus dem Holz einen Saal zu bauen und dort herrliche und üppige Mahlzeiten mit seinen Freunden einzunehmen. Doch Demeter verfluchte ihn in ihrem Zorn und entfachte in ihm einen heftigen, wilden und glühenden Hunger. Was immer er verschlang, es ergriff ihn sogleich wieder die Begierde nach Mehr. Nachdem nichts Essbares mehr übrig war, begann er in seiner Gier sich selbst zu verspeisen.
Der Schweizer Nationalökonom Hans Christoph Binswanger hat diese Sage im Lichte der modernen Ökonomie neu interpretiert. Erysichthon steht für den homo oeconomicus, der spätestens mit Erfindung des Geldes keine Grenzen der Sättigung mehr kennt. Da Geld nicht verdirbt und gegen jede Art von Gütern eingetauscht werden kann, vermehrt sein Besitz ständig die Bedürfnisse. Vor allem die Gier nach Gütern, die den eigenen Geltungsdrang befriedigen, wird mit Geld angefacht. So wollte auch Erysichthon, sei ne Gäste mit seinem Prunksaal beeindrucken und sich damit Ansehen, Prestige und Macht verschaffen.