Die Politische Geographie hat im deutschsprachigen Raum in den letzten 30 Jahren nur sehr wenige Gesamtdarstellungen erfahren. Darin zeigt sich ein auffallender Gegensatz zum internationalen - besonders dem angelsächsischen - Schrifttum. Ebenso deutlich ist aber auch die Diskrepanz zur faktischen Bedeutung politisch geographischer Sachverhalte für die sozial- und wirtschaftsräumliche Entwicklung Mitteleuropas in diesem Zeitraum; denn die Veränderungen politischer Grenzen und Rahmenbedingungen, die sich hier seit dem Zweiten Weltkrieg vollzogen ha ben, besitzen sicher eine säkulare Dimension. Darüber hinaus haben soziale Kon flikte und Wandlungen in der Bedeutung einzelner raumgebundener Ressourcen dazu geführt, daß die Notwendigkeit der politisch-geographischen Analyse von und in der Rohstoff Nutzungsentscheidungen gewachsen ist, z. B. in der Umwe- politik. Die Zurückhaltung der deutschen Nachkriegsgeographie in diesem Forschungsbe reich findet ihre Begründung in der zu einem großen Teil unfreiwilligen Nähe zur Geopolitik und deren Mißbrauch durch den Nationalsozialismus, in die die Politi sche Geographie in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts geraten war. Ein beträcht liches Maß an Irrationalität im Denken und das mehr oder weniger bewußt selektive Wahrnehmen räumlicher Faktoren war während dieser Zeit auch für den Grenzbe reich von Geopolitik und Politischer Geographie kennzeichnend. Gefahren dieser Art bestanden und bestehen für die Politische Geographie allerdings auch zu an deren Zeiten und durch andere politische Denkrichtungen. "So sind heute im Be reich der Politischen Geographie Vorsicht, Behutsamkeit, Gewissenhaftigkeit und Strenge des wissenschaftlichen Arbeitens besonders nötig", wie Peter Schöller in einem soeben erschienenen Aufsatz fordert (In: Erdkunde, 1982, H. 3, S. 167).